Wir haben am Kühlschrank 2 Stundenpläne hängen, denn vor über einer Woche hat das neue Schuljahr begonnen.
Aber: Die Stundenpläne sind leer. Leerpläne sozusagen.
So geht es den Grundschülern aus Wartenburg, die die Grundschule in Dabrun besuchen und leider noch vielen anderen Kindern in anderen Schulen. Das Landesschulamt bestätigt: Das ist „normal“ in Sachsen-Anhalt. Wie beruhigend!.
Die Situation veranlasste mich zu folgendem Brief an das Landesschulamt. Hier in Auszügen:
Landesschulamt Sachsen – Anhalt
Frau Eva Feußner
Ernst-Kamieth-Straße 2
06112 Halle (Saale)
Antrag auf Befreiung vom Schulbesuch für meine Tochter ...
Sehr geehrte Frau Feußner,
sehr geehrte Damen und Herren,
Meine älteste Tochter besucht die 4. Klasse der Grundschule Dabrun, Stadt Kemberg, Landkreis Wittenberg.
Seit Jahren war bekannt, dass die ehemalige Klassenlehrerin und Schulleiterin meiner Tochter mit Beendigung des Schuljahres 2017/18 in den Ruhestand geht und somit eine Lehrerin und Leiterin in dieser Schule fehlen wird. Eine erfolgte Ausschreibung wurde durch das Schulamt nicht besetzt. Nun unterrichten 3 Lehrer an dieser Schule 4 Klassen. Eine Leiterin wurde für nur 3h/ Woche bereitgestellt. Allein die erste Klasse ist mit 30 Schülern und einer Klassenlehrerin an der Kapazitätsgrenze. Die übrigen beiden Lehrer versuchen nach ihren Möglichkeiten die 4. Klasse mit zu unterrichten. Aus diesem Grund hat kein Kind der insgesamt 4 Klassen einen Stundenplan, geschweige denn regulären Unterricht. Seit zwei Wochen hat sich an diesem Zustand nichts geändert.
Derzeit findet an der Dabruner Grundschule kein regulärer Unterricht statt. Das bedeutet:
Mein Kind:
- hat keinen Klassenlehrer
- bekommt keinen neuen Lernstoff vermittelt
- wird täglich nur bis zur 4. Stunde „beschult“
- wird lediglich in den Fächern Mathematik und Deutsch „unterrichtet“ [1]
- hat keinen Stundenplan
- wird teilweise von Schulsozialarbeitern „unterrichtet“1
- besucht abwechselnd die 3. und 2. Klasse
- ist demotiviert.
[1] „unterrichtet“ bedeutet zur Zeit: Selbststudium in den Fächern Mathematik und Deutsch.
Bisher sah ich die Pflicht darin, mein Kind sauber, ausgeschlafen, gesund, wohl erzogen und gut ausgestattet jeden Morgen in die Schule zu bringen, und den Unterricht fähigen, gut ausgebildeten Lehrern zu überlassen.
Nach einem Telefonat am 16.8.2018 mit dem Landesschulamt bin ich der Meinung, dass sich an der gegenwärtigen Misere so schnell nichts ändern wird. Ich bemängele außerdem eine ungenügende bzw. gar keine Information über die Schulsituation meiner Kinder. Wir werden durch den Radiosender „Jump“ informiert.
Ist das der richtige Weg?
Wer sonst gibt den Eltern Auskünfte?
Laut Dr. Walbrach aus Ihrer Behörde sollen die Lehrer keine Stellungnahmen über den Lehrernotstand bzw. eventuelle Lösungen geben. Aber gerade die Lehrer werden doch darauf angesprochen.
...
Ich bin nicht gewillt diesen Zustand weiter mit zu tragen und mit anzusehen, wie die verbliebenen Lehrer „verheizt“ werden.
Ihre Behörde als Vertreterin des Staates ist nicht in der Lage, den verfassungsgemäßen Bildungsauftrag umzusetzen
Daher beantrage ich, meine Tochter ... vom Schulbesuch bis auf weiteres zu entbinden.
Da das staatliche Bildungswesen nicht in der Lage ist, meine Tochter ausreichend zu unterrichten, sehe ich mich veranlasst, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Ich bitte Sie daher, meinem Antrag auf Befreiung vom Schulbesuch stattzugeben.
Da ich derzeit einer Beschäftigung bei einem Wittenberger Unternehmen nachgehe und diese Beschäftigung dann für die Zeit der eigenständigen Unterrichtung meiner Tochter nicht mehr ausüben kann, bitte ich, um Fortzahlung meines Lohnes durch das Land Sachsen – Anhalt.
Wie steht es doch so schön in Ihrem Leitbild:
„ Wir stellen uns den Herausforderungen im Prozess der Schulentwicklung und denken voraus. ... Kern unserer Haltung ist die Verpflichtung, jedem Kind und Jugendlichen ein erfolgreiches Lernen zu sichern.“
Mit freundlichen Grüßen
Juliane Gucinski
Eine Antwort steht noch aus. Man darf gespannt sein.